AUGE
Gefördert durch Bayerisches Staatsminist
Nachhaltigkeit=Vorsprung
Bayerische Akademie für Umwelt, Gesundheit und nachhaltige Entwicklung

Erfahrungsbericht einer Kanzlei

 

Wie war der Status quo der Kanzlei, bevor das Thema Nachhaltigkeit Einzug hielt?

Der Status quo unserer Kanzlei, gerade was den Bereich des nachhaltigen Verhaltens der Mitarbeiter am Arbeitsplatz und gegenüber den Mandanten betrifft, hatte durchaus Optimierungspotenzial.

Punkte wie z.B. eine niedrige Digitalisierungsquote der Kanzlei (was sich wiederum auf den Mandanten auswirkt) oder ein viel zu hoher Papierverbrauch bei den einzelnen Mitarbeitern waren keine Seltenheit. Der Nachhaltigkeitsgedanke war in den Köpfen von Kanzleileitung und Mitarbeitern bereits grundsätzlich vorhanden, wurde aber nicht wirklich gelebt und von allen Mitarbeitern mitgetragen.

Bevor das Thema Nachhaltigkeit Einzug in die Kanzlei hielt, war keine klare Positionierung der Kanzlei vorhanden. Es war schwierig neue Mandanten zu gewinnen, da die Leistungen mit denen der Konkurrenz vergleichbar waren, und kein Alleinstellungsmerkmal vorhanden war.

Wie wurden die Mitarbeiter für nachhaltiges Verhalten in der Kanzlei motiviert?

Durch die Ergebnisse einer Kanzleianalyse in den Bereichen „Umweltverhalten“ (Kanzlei-Check Umwelt) sowie „Kanzleieffizienz“ (Quick-Check Kanzleieffizienz) wurden diverse Verbesserungspotenziale aufgedeckt. Diese führten dazu, dass sich die Kanzleileitung stärker als bisher für das Thema Nachhaltigkeit  und Ressourcenschonung innerhalb der Kanzlei einsetzte.

Zur Sensibilisierung und Motivation der Mitarbeiter für das Thema Nachhaltigkeit wurden interne Workshops in der Kanzlei durchgeführt. Durch ständiges Thematisieren des Umweltgedankens z.B. in internen Besprechungen, Arbeitskreisen der einzelnen Fachbereiche etc. wurde das Thema Nachhaltigkeit in der Kanzlei - sowohl bei der Kanzleileitung als auch bei den Mitarbeitern  - fest verankert.

Im Rahmen von Projekten, wie z.B. der Einführung eines Umweltmanagementsystems nach QuB (Qualitätsverbund umweltbewusster Betriebe) wurden die Mitarbeiter aktiv von Beginn an mit einbezogen und es wurden feste Verantwortungen im Bereich Nachhaltigkeit an die einzelnen Mitarbeiter übertragen. Nach ersten positiven Ergebnissen in der eigenen Kanzlei, wollte man diesen Vorbildcharakter an die Mandanten weitergeben.

Welche Dinge wurden innerhalb der Kanzlei umgesetzt?

  • Durchführung des Quick-Check Umwelt sowie des Quick-Check Kanzleieffizienz zur Ermittlung eines Status quo der Kanzlei im Allgemeinen und im Speziellen im Bereich der Nachhaltigkeit
  • Beitritt zu einer regionalen Initiative im Bereich Klimaschutz (wird in unterschiedlichen Formen in jeder Region angeboten); im Rahmen der Initiative wurde ein fixes, empirisch belegbares Ziel definiert zur Verbesserung der Nachhaltigkeit in der Kanzlei und die Mitarbeiter wurden von Beginn an aktiv einbezogen, z.B. 3000 Blatt Papierersparnis pro Jahr/pro Mitarbeiter
  • Einführung eines digitalen Umweltmanagements nach QuB und eines digitalen Managementsystems nach DIN ISO 9001:2015

Um ein bestmögliches nachhaltiges Ergebnis zu erzielen, wurde mit verschiedenen externen Spezialisten zusammengearbeitet. Dies reicht von Umweltberatern, über Energieeffizienzberatern bis hin zu Beratern des Programmes unternehmensWert:Mensch. Durch diese Vernetzung und das Expertenwissen aus den verschiedenen Bereichen der Nachhaltigkeit konnten Synergieeffekte sowohl ökonomischer Natur als auch ökologischer Natur erzielt werden.

Neben dem Beitritt der Kanzlei zu einer regionalen Klimaschutzallianz, der Einführung des Umweltmanagementsystems QuB und der Aufbau eines digitalen Managementsystems nach DIN ISO 9001:2015 wurden auch viele kleine Maßnahmen ergriffen, in deren Umsetzung die Mitarbeiter aktiv mit einbezogen wurden. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Umstellung auf ökologisches Büromaterial
  • Umstellung auf ökologische Reinigungsmittel
  • Individuelle Maßnahmen zur Erhöhung der Mitarbeitergesundheit (z.B. individuell eingestelltes Licht an jedem Arbeitsplatz)
  • Erhöhung des Digitalisierungsgrades innerhalb der Kanzlei – und somit weniger Papier und Ressourcenverbrauch und ein hoher Vorbildcharakter gegenüber den Mandanten
  • Benennung eines Umweltbeauftragten in der Kanzlei, der die Postierung der Nachhaltigkeit auch gegenüber den Mandanten vertritt
  • Benennung eines Qualitätsmanagement Beauftragten, der den Bereich QM den anderen Mitarbeitern nahe bringt und den Managementgedanken auch nach außen trägt

Wie hat sich die Kanzlei entwickelt?

Im Rahmen der drei oben genannten Projekt hat sich die Kanzlei generell und auch im Speziellen im Bereich Nachhaltigkeit in der eigenen Kanzlei und als Vorbild für die Mandanten durchaus positiv entwickelt.

Die Mitarbeiter wurden von Beginn an motiviert, sich aktiv in den Verbesserungsprozess mit einzubringen, es wurden feste Verantwortlichkeiten in den einzelnen Bereichen definiert (z.B. QuB und DIN ISO 9001:2015).

Die kanzleiinternen Prozesse im Bereich Nachhaltigkeit sind nicht nur mündlich festgelegt, sondern schriftlich in einem Managementsystem dokumentiert.

Das Thema Nachhaltigkeit hat sich inzwischen sowohl in der Kanzlei als auch nach außen manifestiert und stellt ein Alleinstellungsmerkmal dar; inzwischen ist die Kanzlei fester Ansprechpartner für Verbände, Ministerien, Ämter (z.B. Landesamt für Umwelt, Landratsämter), Bildungseinrichtungen , Seminaranbieter und interessierte Kollegen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht.

Welche Leistungen bietet die Kanzlei ihren Mandanten im Bereich Nachhaltigkeit?

  • Spezielle Angebote zur Digitalisierung der Bereiche Lohn, Fibu und Kasse
  • Beratungsangebote zu digitalen Managementsystemen
  • Beratungsangebote zu digitalen Dokumentenmanagementsystemen

Wie werden die Mitarbeiter in die Mandantenbetreuung/-beratung integriert?

Im Rahmen einer nachhaltigen Kanzleientwicklung betreuen die Mitarbeiter ihre Mandanten so selbständig wie möglich, und sind durch ständige Fortbildungen – und unterstützt durch eine Kanzleiorganisationsbeauftrage und eine Qualitätsmanagementbeauftragte – immer auf dem neuesten Stand, was die fachliche Kompetenz und die Kompetenz für Spezialthemen wie Digitalisierung der Buchhaltung angeht. Dieses Wissen geben die Mitarbeiter den Mandanten mit auf den Weg.  Konkret unterstützen die Mitarbeiter die Mandanten darin, beispielsweise ihre Fibu- und Lohnprozesse nachhaltig zu digitalisieren. Die Mitarbeiter überwachen regelmäßig die BWAs der Mandanten auf den Bereich Ressourcenschonung und Effizienz (z.B. sind die Energiekosten im Branchendurchschnitt, fallen höhere Personalkosten im Vergleich zur Konkurrenz an). Unsere Mitarbeiter bieten den Mandanten die Auswertungen Ihrer Fibu Daten (z.B. BWS, Auswertungen im Bereich Finanzbuchführung etc.) als elektronische Auswertungen an, auf Kundenwunsch können Termine, die sonst mit extra Fahrten zu den Mandanten verbunden wären, über online Konferenzschaltung durchgeführt werden. Dies sind nur einige konkrete Beispiele, wie die Mitarbeiter die Mandanten beim Thema Nachhaltigkeit mit integrieren und einen Vorbildcharakter gegenüber den Mandanten einnehmen können.

Wie zufrieden sind Chef und Mitarbeiter heute mit der Entscheidung „Nachhaltigkeit“ als Thema zur Positionierung gewählt zu haben?

Aus Mitarbeitersicht: sehr zufrieden, für einen Mitarbeiter ist die Motivation am Arbeitsplatz entscheidend, im Allgemeinen und natürlich auch was das Thema Nachhaltigkeit betrifft. Die Prozesse der Nachhaltigkeit sind klar definiert, die Aufgaben und Verantwortungsbereiche sind durch die Managementsysteme ebenfalls klar strukturiert und zugeordnet. Dies schafft Klarheit in der Arbeit für den Mitarbeiter und ermöglicht selbständiges Arbeiten. Zudem ist eine nachhaltige aufgestellte Kanzlei attraktiv als Arbeitgeber für einen Mitarbeiter.

 Die Kanzlei konnte sich völlig neu positionieren, was im Markt der traditionellen Kernbereiche von Steuerkanzleien praktisch nicht möglich ist. Das Leistungsspektrum unserer Kanzlei hat sich stark weiterentwickelt. Die betriebswirtschaftliche Beratung unserer Mandantenunternehmen ist sehr vielschichtig und erfordert vor allem betriebswirtschaftliches und organisatorisches Wissen, aber auch die Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen von Geschäftsmodellen vorherzusehen.

 Die Erfahrung zeigt auch, dass Mitarbeiter gerade dann  leichter gewonnen werden können, wenn ihre Aufgaben auch in den o.a. Bereichen liegen. So interessieren sich zum Beispiel Praktikanten von FOS/BOS eher weniger für die Standardaufgaben eines Steuergehilfen. Deutlich mehr Interesse und Zuspruch, sowie die Bereitschaft in einer Steuerkanzlei zu arbeiten, resultiert aus einer nachhaltig betriebswirtschaftlichen Tätigkeit.

Insgesamt können wir behaupten, dass sich das Arbeiten in unserer Kanzlei grundlegend verändert hat, da alle Mitarbeiter versuchen, ressourcenschonend zu arbeiten und dabei Themen wie Digitalisierung und Energieeffizienz sehr engagiert angehen. Den Mitarbeitern ist klar, dass durch den Trend zur Digitalisierung auch ihre manuelle Tätigkeit reduziert wird. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Kanzlei zeigt jedoch neue und sehr anspruchsvolle Tätigkeiten auf und sorgt dafür, dass die Mitarbeiter gut ausgebildet und ohne Angst in die Zukunft schauen können.

Außerdem hat sich die Gewinnung von Mandanten durch den ganzheitlichen Ansatz, begleitet von Fachexperten, deutlich erleichtert.